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Über mich

Christa Wüthrich ist freie Journalistin. Als Autorin, Lehrerin und IKRK Delegierte hat sie im In- und Ausland gearbeitet.

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«Begeistere dich – und erwarte nicht das Paradies.»

«Begeistere dich – und erwarte nicht das Paradies.»

Georges T. Roos ist Zukunftsforscher und beschäftigt sich mit Megatrends. Ein Gespräch über die Berufswahl von heute und die Arbeitswelt von morgen.


Bis 2030 werden rund die Hälfte aller uns bekannten Jobs verschwinden, beziehungsweise von Maschinen übernommen werden. Von der Automatisierung sind auch die übrigen beruflichen Tätigkeiten betroffen. Ein Drittel aller Arbeitsschritte könnte automatisiert werden. Welche Lehre würden Sie einem Jugendlichen heute empfehlen?
«
Ich finde es wichtig, von Arbeitsschritten zu sprechen, die in Zukunft automatisiert werden. Nur wenige Berufe werden vollständig verschwinden. Sehr viele werden anders aussehen. Aus neuen Bedürfnissen werden neue Berufsfelder entstehen. Wirtschaft und Konsum werden ökologisch umgebaut. Künstliche Intelligenz und Robotik werden breit eingesetzt. Die Nachfrage nach Gesundheits- und Pflegeberufen wird ansteigen. Unabhängig davon, was ein Jugendlicher lernt: Er oder sie wird mit einem sich schnell verändernden Berufsalltag konfrontiert sein. Was zählt, ist die Haltung, sich konstant weiterentwickeln zu wollen. Die Lehre ist dabei nur ein erster Startpunkt.»


Was brauchen Jugendliche, um in dieser zukünftigen Arbeitswelt bestehen zu können?
«Begeisterung. Ich würde jedem Jugendlichen empfehlen, einen Beruf zu wählen, der seinen Talenten entspricht. Hinzu kommen Durchhaltevermögen und der Wille, etwas zu leisten und zu lernen: An einer Aufgabe wachsen tut nur, wer gefordert und vielleicht auch manchmal überfordert wird. Frustrationstoleranz ist dabei von Nutzen. Entscheidend, ist der Wille, Neues zu lernen: Kompetenzen werden schnell veralten. Wer den Anschluss nicht verlieren will, muss dazulernen. Das gilt nicht nur für Jugendliche, sondern für alle Menschen im Berufsalltag.»

Wie könnte diese Arbeitswelt aussehen?
«Sie wird flexibler und technologiegetriebener sein. Gleichzeitig gewinnen menschliche Fähigkeiten, die nicht automatisiert werden können, an Bedeutung. Mit Fantasie neue Lösungen generieren oder mit Empathie Menschen führen, begeistern oder betreuen. Denn Maschinen können wohl Gefühle simulieren, aber keine empfinden.»


Sie orientieren sich als Zukunftsforscher an 16 Megatrends – von der Digitalisierung über die Globalisierung bis hin zur Wissensexpansion und Bio- Transformation. Was für eine Rolle spielen dabei die demografischen Entwicklungen?
«Die Demografie hat einen grossen Einfluss auf unsere Zukunft. 2040 wird jede vierte Person in der Schweiz über 65 Jahre alt sein. Das ist für die künftige Altersvorsorge eine grosse Herausforderung. Zudem werden die Pflege- und Gesundheitskosten stark ansteigen. Der Pensionierungsschub in den nächsten zwei Jahrzehnten könnte zudem zu Arbeitskräftemangel führen. All dies zusammen wird die Arbeit teurer machen. Infolgedessen wird wohl mehr in Technologien investiert und die Automatisierung weiter vorangetrieben werden.»


Im Berufswahlprozess spielen für Jugendliche die Berufsberater eine zentrale Rolle. Wird ihre Funktion bald ein smarter Roboter übernehmen?
«Die Berufsberaterinnen und Berufsberater werden in Zukunft kaum ersetzt oder wegrationalisiert. Ihre Aufgabe wird es bleiben, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und individuell zu beraten. Zentral ist die persönliche Beziehung – und die kann nicht automatisiert werden.»

Georges T. Roos ist Gründer eines privaten Zukunftsforschungsinstituts und der European Futurists Conference Lucerne. Seit 1997 analysiert er die treibenden Kräfte des gesellschaftlichen Wandels. Er ist Autor verschiedener Studien. Zuletzt erschienen: Megatrends 2038: Herausforderungen für die Schweiz.


publiziert November 2022, Zeitschrift “Bildung Schweiz”

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