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Über mich

Christa Wüthrich ist freie Journalistin. Als Autorin, Lehrerin und IKRK Delegierte hat sie im In- und Ausland gearbeitet.

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…und mittendrin ein Menschenfisch!

…und mittendrin ein Menschenfisch!

Das Fischereimuseum in Zug präsentiert nicht nur Fischereiwissen und eine Schaubrutanlage, sondern auch eine Sammlung an Kuriositäten. Darunter eine Kreatur, halb Mensch, halb Fisch.

«Geht es auch ohne Fische und See?», wird sich mancher Besucher in Zug fragen. Die Antwort – ob von Historikern, Kulturschaffenden, Einheimischen oder Tourismusverantwortlichen – ist klar und kurz: Nein! Der Zugersee prägt seit Jahrhunderten die Bevölkerung und ihre Geschichte.

Schon der Name Zug stammt von den Fischen. Ein Zug (althochdeutsch Zuge) bezeichnet ein fischereireiches Gewässer und einen mit Fischereirecht ausgestatteten ufernahen Seeteil. Erste Siedler machten sich dies zur Steinzeit zunutze und liessen sich am Ufer des Zugersees nieder. Auch die Stadtgründung im Mittelalter wurde vom Gewässer beeinflusst. Die Anwohner des Sees und andere Inhaber von Fischereirechten bezahlten oft einen Teil ihrer Pacht oder ihres Zinses in Form von Fischen an die Obrigkeit. Heute ist der See als Erholungsgebiet und Lebensraum Dreh- und Angelpunkt des täglichen Lebens – und macht die Kleinstadt zum idealen Standort für ein Fischereimuseum.

1892 gegründet und eingerichtet in der ehemaligen Zuger Fischbrutanlage in der Altstadt direkt am See, bringt das kleine Museum Vergangenheit und Gegenwart auf eindrückliche Weise zusammen. Die Fischbrutanlage wurde in eine Schaubrutanlage umgewandelt und lässt Besucher während der Brutzeit das Schlüpfen der Fische aus nächster Nähe miterleben. Auf grossen Informationstafeln werden die Fisch- und Krebsarten in den Zuger Gewässern vorgestellt. An vorderster Front der Savelinus alpinus, die Zuger Rötel. Der einheimische Seesaibling ist über die Kantonsgrenzen hinaus als Delikatesse bekannt.

Unter einer Glasscheibe liegt eine 30 Zentimeter lange, graue, mumienähnliche Figur. Auf den ersten Blick wirkt sie wie ein menschlicher Embryo mit einem knochigen fischähnlichen Rumpf. Die Beine fehlen, der Körper endet in einer Art Schwanzflosse.

Im zweiten Stock des Museums erwartet den Besucher ein Sammelsurium an Geschichten und Objekten. Am Eingang steht ein Modell der Pfahlbauersiedlung, daneben liegen ein verstaubter Schildkrötenpanzer und eine ausgestopfte Echse. An der Wand hängen jahrzehntealte Skizzen von Fischen und Bilder aus den 30er-Jahren, welche die Sieger eines Wettfischens zeigen. Bücher, ausgestopfte Seevögel, Muscheln, aufgehängte Fischernetze und ein alter Holzkahn füllen den grossen Raum.

Der Blick aus dem Fenster direkt auf den ruhigen Zugersee schafft ein wenig Luft, um sich dem überraschendsten Objekt des Sammelsuriums zu widmen: dem Menschenfisch. Unter einer Glasscheibe liegt eine 30 Zentimeter lange, graue, mumienähnliche Figur. Auf den ersten Blick wirkt sie wie ein menschlicher Embryo mit einem knochigen fischähnlichen Rumpf. Die Beine fehlen, der Körper endet in einer Art Schwanzflosse.

Laut dem Verkäufer stammte der Menschenfisch aus Sumatra, wo solche Kreaturen – zum Teil bis zu einem Meter lang – bei Sturm an Land gespült würden.

Rund um den Menschenfisch liegen Notizen und Zeitungsartikel, die Herkunft und Geschichte der kleinen Kreatur zu erklären versuchen. Wer beim Anblick an eine reale Kombination aus Mensch und Fisch geglaubt hat, wird enttäuscht. Seine Geschichte bleibt aber nicht minder faszinierend. Der Menschenfisch wurde Anfang 1923 von einem Zuger auf dem Fischmarkt in Hamburg erstanden. Laut dem Verkäufer stammte er aus Sumatra, wo solche Kreaturen – zum Teil bis zu einem Meter lang – bei Sturm an Land gespült würden.

Erst 1976 wurde das Objekt geröntgt. Diese Bilder zeigen, dass der Menschenfisch keine evolutionäre Laune der Natur ist, sondern ein Stück Kunsthandwerk, gefertigt aus verschiedenen Einzelteilen. Es ist anzunehmen, dass solche Wesen von den Seeleuten während den langen Überfahrten geschaffen wurden. Auf dem Festland verkauften sie die exotischen Geschöpfe als lukrativen Zusatzverdienst an Sammler und Museen.

 

Fischereimuseum Zug. Öffnungszeiten: bis 21. Mai 2017, Samstage und Sonntage von 11 bis 15 Uhr. Zusätzliche Öffnungszeiten am Ostermontag (17. April), am Tag des Fisches (29. April), am int. Museumstag (21. Mai) und am 1. August. Eintrittspreis: Fr. 5.– www.fischereimuseumzug.ch

publiziert, Tierwelt, Nr. 15 / 2017

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