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Über mich

Christa Wüthrich ist freie Journalistin. Als Autorin, Lehrerin und IKRK Delegierte hat sie im In- und Ausland gearbeitet.

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Die Rückkehr der Schlangen

Die Rückkehr der Schlangen

Irland ist weltweit als eines der wenigen «schlangenfreien» Länder bekannt. Durch die Wirtschaftskrise hat sich das nun geändert: Die Kriechtiere werden in Massen ausgesetzt.

Laut einer Sage vertrieb der Heilige Patrick im 5. Jahrhundert alle Schlangen aus Irland. Mit einer Trommel sei der Mönch über die Insel gelaufen und alles giftige Getier ins Meer gelockt. Der Erzählung zu Folge, hält die Kraft der heiligen Schlangenvertreibung bis heute an. Sobald eine Schlange oder Ähnliches irischen Boden berühre, verenden sie kläglich.

Mit grosser Rücksicht auf Jahrhundert alte Sagen, auf die katholische Kirche und die irischen Heiligenmythen, doch basierend auf dem heutigen Stand der Wissenschaft, bleibt zu vermerken, dass es den Heiligen Patrick nicht gebraucht hätte, um ein «schlangenfreies» Irland zu schaffen. Denn Schlangen gab es schon im 5. Jahrhundert keine auf der grünen Insel. Das Bild der Schlangenvertreibung hat wohl nur symbolischen Charakter und die Vertreibung des heidnischen Brauchtums dar. Denn Irland war schon zu Patricks Zeiten zu isoliert, um für Schlangen einen geeigneten Lebensraum zu bieten. Die Kälte und die dicke Eisschicht, die Irland und England in der letzten Eiszeit überzog, machte es Reptilien unmöglich zu überleben. Als sich das Eis zurück zog, siedelten sich die Schlangen in England und Schottland wieder an. Bis nach Irland schafften sie es aber nicht. Das steigende Meerwasser schnitt die Insel vom heutigen Grossbritannien ab. Die Schlangen hatten das Nachsehen. Einzig die Eidechsen schafften es bis auf die grüne Insel.

Das Fehlen von Schlangen machte das Reptil in den vergangenen Jahren in Irland zu einem Prestigeobjekt und zu einem Statussymbol  für viele neureiche Irländer. Durch die Wirtschaftskrise konnten sich viele Schlangenbesitzer ihr kostspieliges Haustier nicht mehr leisten und setzten es aus.

Exotische Tiere als Statussymbol
Das Fehlen von Schlangen machte das Reptil in den vergangenen Jahren in Irland zu einem Prestigeobjekt. Während des Wirtschatsaufschwunges, dem «Celtic Tiger Boom», sei es für viele neureiche Iren ein Statussymbol gewesen sich ein exotisches Haustier anzuschaffen, berichtet die New York Times. Durch die Wirtschaftskrise konnten sich viele Schlangenbesitzer ihr kostspieliges Haustier nicht mehr leisten und setzten es aus. Zu aufwändig und zu teuer war Futter und Haltung. Zusätzlich verliessen Tausende von Iren auf der Suche nach einem neuen Job das Land. Die exotischen Haustiere wurden sich selbst überlassen. Seit der Rezession sind Meldungen über Giftschlangen im «schlangenfreien» Irland keine Seltenheit mehr. Da ist die kalifornische Königsnatter, die vergangenes Jahr plötzlich in einem Laden in Dublin auftauchte oder eine Kornnatter, die in einem Kübel im Süden der irischen Hauptstadt die Anwohner in Schrecken versetzte.

«Wir haben keine Regulierungen oder Gesetze, was das Anschaffen und die Haltung von exotischen Tieren betrifft. Was in Europa legal ist, hat direkten Zugang nach Irland», erklärt James Hennessy gegenüber der amerikanischen Zeitung New York Times. Hennessy ist der Zoodirektor und Gründer des Reptile Village Conservation Zoo in County Kilkenny  im Südosten des Landes. Um sich eine Riesenschlange zu halten, braucht es keine offiziellen Papiere und auch der Handel mit Giftschlangen ist legal. Zudem sind mit der Nähe zu Europa die früheren strikten Regulierungen betreffend importierten Pflanzen und Tieren lockerer geworden. Hennessy wird zur Hilfe gerufen, wenn ein exotisches Tier gefunden wird: Zum Beispiel ein im Internet gekauftes Krokodil, dass in einer Dubliner Wohnung ausgesetzt wurde oder eine Boa Konstriktor, die es sich in einem Dachgeschoss bequem gemacht hatte. Ab letzterem Fund war wohl nur einer begeistert: Hennessy selbst: «Die Schlange heisst Sammy und ist einfach brillant».

Boa constrictor snake on a white background

Keine Parallelen zwischen Irland und der Schweiz
Einer der mit viel Selbstinitiative und Tierliebe auf die neue Schlangensituation in Irland reagiert hat, ist Kevin Cunningham. Der Reptilienfan gründete in einem alten, kleinen Schulhaus das «National Exotic Animal Sanctuary», ein Refugium für ausgesetzte Reptilien. «Letzthin wurde eine zwei Meter lange Boa Konstriktor bei mir abgegeben. Der Besitzer hatte seinen Job verloren und zog wieder bei seinen Eltern ein. Die Mutter war einverstanden den Sohn aufzunehmen, aber keine Boa!» erzählt Cunningham gegenüber der New York Times. «Der Grund für all diese von ihren Besitzern verlassenen Tiere ist die Rezession», bringt der 37 Jährige seine Erfahrung auf den Punkt. «Während dem Wirtschaftsboom war ein solch exotisches Tier ein Statussymbol; ein willkommenes und spannendes Gesprächsthema».

Könnte eine mögliche Rezession in der Schweiz einen vergleichbaren «Aussetzungstrend» von Tieren, beziehungsweise exotischen Reptilien auslösen?

Von Statussymbolen ist in Irland wenig übrig geblieben. Die Republik Irland mit seinen 4,7 Millionen Bewohnern ist hoch verschuldet. Arbeitslosigkeit, Sparmassnahmen und Steuererhöhungen treffen die Bevölkerung hart. Über 30 Prozent der Jugendlichen waren im Februar 2013  arbeitslos. Könnte eine mögliche Rezession in der Schweiz einen vergleichbaren «Aussetzungstrend» von Tieren, beziehungsweise exotischen Reptilien auslösen?

Helen Sandmeier von der Medienstelle des Schweizer Tierschutzes sieht keine Parallelen zwischen der Schweiz und Irland. Eine Häufung von ausgesetzten exotischen Tieren sei nicht erkennbar. «Laut der Tierschutzstatistik 2011 werden in der Schweiz jährlich mehr als 20’000 Tiere ausgesetzt und von Tierheimen der Sektionen des Schweizer Tierschutz STS aufgenommen. Dass dabei vermehrt wirtschaftliche Gründe eine Rolle spielen, lässt sich nicht sagen,» erklärt Sandmeier. Ein weiterer Unterschied zwischen Irland und der Schweiz ist der Sachkundenachweis (SKN). Wer sich Gross- oder Giftechsen, Chamäleons, Riesen- oder Giftschlangen hält, muss einen vom Bundesamt für Veterinärwesen anerkannten Sachkundenachweis vorlegen und die entsprechenden Kurse besucht haben.

«Eine Riesenschlange oder ein Krokodil kriegt man in der Schweiz nicht „einfach so“, und man kann es auch nicht beliebig präsentieren. Zoofachgeschäfte und seriöse Hobbyzüchter geben solche Tiere nur bei Vorliegen eines Sachkundenachweises respektive einer kantonalen Bewilligung ab,» erklärt die Zoologin Sara Wehrli von der Fachstelle Wildtiere des Schweizer Tierschutzes.

Laut einer Erzählung wollte 1831 ein Mann die Wirksamkeit der Legende testen und setzte sechs Schlangen aus. Doch sie kamen nicht weit. Sie wurden umgehend von den Nachbarn erschlagen.

Ob mit oder ohne ausgesetzte Reptilien: Zu den „schlangenfreien“ Ländern würde die Schweiz dank ihrer Lage und ihrem Klima nie gehören. Neben Irland gibt es nur wenige Insel, die aufgrund ihrer biogeographischen Sonderstellung schlangenfrei sind – zum Beispiel Neuseeland, Island, Hawaii, die Bermudas oder die Antarktis. Trotz der wissenschaftlich fundierten Begründung, warum es in Irland keine Schlangen gibt, glauben einige Iren immer noch an die Sage des Heiligen Patrick. Laut einer Erzählung wollte 1831 ein Mann die Wirksamkeit der Legende testen und setzte sechs Schlangen aus. Als Startpunkt des Versuches diente sein Garten. Doch die Schlangen kamen nicht weit. Sie wurden umgehend von den Nachbarn erschlagen.

publiziert 18. juli 2013, Tierwelt

Comments

  • O Classen
    REPLY

    Einen schönen guten Tag Frau Wütrich,
    Ich wollte nur einige wesentliche Teile korregieren.
    Auf oder in Irland leben kein Irländer sonder nur Iren.
    Desweiteren ist Irland eine Insel und auf Irland exestiert die Republik Irland (ca. 4,7 Mio Einwohner) und Nordirland (ca. 1,8 Mio. Einwohner).
    Da Irland eine Republik ist, exestieren auch keine Grafschaften mehr sonder Countys welches innerhalb der EU mit “local administrativ Unit” übersetzt werden und im wesentlichen die alten Grenzen der Grafschaften wiederspiegeln.
    Würde man einem Iren aber sagen er wohne in einem “earldom” oder “shire” wäre der Ire sicherlich nicht einverstanden.

    MfG
    O. Classen

    November 25, 2019

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